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HÖLLHAMMER

Neuhammer / Wintersbach

Höllhammer
 
Eine Forsthube Ende des 13. Jahrhunderts mit dem zugehörigen Jagdschloss Mulen waren die ersten urkundlich erwähnten Gebäude auf dem Gelände des späteren Höllhammers. Das Schloss war schon 1535 eine Ruine und nur der sogenannte Höllenturm kam im Bauernkrieg noch einmal zur traurigen Berühmtheit als der Mordbrenner und Wegelagerer Jakob Hock, der Hesselsmüller von Sommerau vom Turm herab seinen eigenen Sohn mit einem Pfeil tödlich verletzte.
Höllhammer
Die Grafen Ingelheim, die nach Aussterben der männlichen Linie der Echter auch Erbe von Schloss Mespelbrunn waren, bauten auf dem Grund einer alten Mühle einen Gutshof. Darauf entstand bereits um 1700 der erste Eisenhammer – der Höllhammer. Der wasserreiche Spessart und die ausgedehnten Wälder begünstigten den Betrieb von Eisenhämmer, benötigte man doch die Wasserkraft für den Antrieb der Hämmer und Holz bzw. Holzkohle für die Schmelzöfen.
 
Als 1795 Georg Ludwig Rexroth aus dem Odenwald den Höllhammer übernahm ahnte wohl niemand, dass daraus einmal der Grundstock für ein heutiges Weltunternehmen gelegt wird.
Der Höllhammer (bezeichnet nach einer einst westlich der Elsava gelegenen Schlucht, dem Höllgraben) entwickelte sich rasch zum leistungsstärksten Eisenhammer im Spessart. Man produzierte Stabeisen, aber auch Fertigprodukte wie Reif- und Hufeisen, Pflugschare, Pumpenschwengel, Wagenachsen und vieles mehr. Selbst in den Strassen- und Brückenbau wurde investiert, um Rohstoffe besser hierher und die fertigen Eisenprodukte besser hin zu den wichtigen Kunden nach Würzburg zu transportieren.
 
Nach dem Niedergang der Glasindustrie im Laufe des 18. Jahrhunderts war die industrielle Eisenproduktion für die arme Spessartregion zu einer Schlüsselindustrie geworden. Bis zu hundert Köhler versorgten die mittlerweile 14 Eisenhämmer im Spessart mit Holzkohle. Korbflechter fertigten riesige Körbe für die Holzkohle. Fuhrleute brachten Alteisen, das überwiegend verarbeitet wurde, und transportierten die fertigen Eisenprodukte wieder ab. Die eigens dafür eingeführten Kaltblüter bedeuteten wiederum Arbeit für die Hufschmiede. Um 1830 lebten über 100 Menschen auf dem Höllhammer – ein richtiges Eisenhammerdorf ist entstanden. Eine Schule wurde gebaut und ein eigens dafür angestellter Lehrer unterrichtete die Arbeiterkinder. Jede Arbeiterfamilie besaß ihr eigenes Stück Garten für den Gemüseanbau. Als Georg Ludwig Rexroth 1854 starb neigte sich die Glanzzeit der Hammerwerke bereits dem Ende zu. Er hatte neun Kinder, die allesamt noch als Hammerwerker sehr erfolgreich waren. Dem jüngsten Sohn Friedrich August hatte er bereits 1851 den Höllhammer übergeben, den er bis 1870 führte. Der Höllhammer war noch bis 1891 im Betrieb ehe schließlich das völlig unrentable Werk geschlossen werden musste.
 
1850 erwarb ein anderer Sohn Georg Ludwig Rexroth der II die Lohrer Eisenwerke und spezialisierte sich auf die zukunftsträchtige Eisengießerei. Der Wechsel in den Zentralspessart mit der besseren Anbindung an die bereits projektierte Eisenbahnverbindung zwischen Würzburg-Aschaffenburg-Frankfurt sollte sich auszahlen.
1874 übernahmen fünf Söhne - der nunmehr in Lohr ansässigen Rexrother - die “G.L. Rexroth Eisengießerei und Hammerwerke” in Lohr. Die Geburtsstätte für das weltweit erfolgreiche Maschinenbauunternehmen Bosch-Rexroth AG.
 
Mit Friedrich August jun. starb 1919 der letzte Höllhammerbesitzer aus der Fam. Rexroth. Aus dem Hammerwerk ist wieder ein Hofgut geworden.
 
Das bedeutende Industriedenkmal wird vom jetzigen Eigentümer Rüdiger Freiherr von Reitzenstein gepflegt und liebevoll instandgehalten. Sehr gut erhalten ist das Knechtshaus mit dem prächtigen Glockenturm, das Herrenhaus und die Schule. Vom ehemaligen Betriebsgebäude mit den beiden Schmelzöfen sind leider nur noch Ruinen erhalten.
 
Flussaufwärts sind noch Wehranlagen und Stauweiher erkennbar die einst die Eisenhämmer speisten. Oberhalb im Wald versteckt ist ein alter Friedhof der Rexroth-Familie.